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Steuergewerkschaft weist Kritik zurück

Beim Kampf gegen Steuerkriminalität sorgt das in Baden-Württemberg für Hinweisgeber eingerichtete Online-Portal für scharfe Kontroversen.

Die Deutsche Steuergewerkschaft (DStG) wehrte sich gegen Vorwürfe des "Denunziantentums" und verwies darauf, dass Steuerbetrug als schwere Straftat mit bis zu zehn Jahren Haft geahndet werde. Auch Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock stellte sich hinter das baden-württembergische Vorgehen und verlangte mehr Engagement gegen Steuerhinterziehung auch auf Bundesebene.

Anonyme Anzeigen gebe es, seit es Finanzämter gibt, betonte der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft (DStG), Thomas Eigenthaler, im "Handelsblatt". Das Portal in Baden-Württemberg sei hier "eine Verbesserung", denn die Steuerverwaltung dort könne nun durch gezielte Rückfragen den "Anzeigenschrott" von "werthaltigen Hinweisen" trennen.

Zu Vorwürfen in sozialen Netzwerken gegen das neue Portal, in denen von "Denunziantentum", "Stasi-Methoden" und "DDR-Mentalität" die Rede war, sagte Eigenthaler, Steuerbeamte könnten sehr wohl erkennen, ob nur denunziert werde "oder ob man einer Steuerhinterziehung gezielt nachgehen muss". Es gehe hier um "dicke Fische" und auch um Hinweise auf organisierte Kriminalität.

Baerbock sagte dem Sender Pro7, durch Steuerbetrug fehle "staatliches Geld, das wir eigentlich für Schulen und Kitas bräuchten". "Wir müssen Orte schaffen, wo man melden kann, wenn man weiß, dass es zu Steuerbetrug kommt", verlangte die Grünen-Chefin. "Das wird jetzt in Baden-Württemberg gemacht." Baerbock warf Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz vor, den Kampf gegen Steuerbetrug zu vernachlässigen.

Der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold drängte auf einen effektiveren Schutz für Whistleblower in Deutschland, durch deren oft anonyme Hinweise bereits viele Steuerskandale aufgedeckt worden seien. Er kritisierte, dass Union und SPD eine EU-Richtlinie dazu nicht umsetzten.

Zu den Vorwürfen von "Stasi-Methoden" sagte Baerbock, durch solche Begriffe würden all jene "verhöhnt", die vor gut 30 Jahren "in einer Diktatur gelebt" und dagegen "auf die Straße gegangen" seien. Vor allem in sozialen Netzwerken hatte es zuvor teils rassistische Attacken gegen Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) wegen des Portals gegeben. Bayaz kündigte in der Berliner "tageszeitung" an, strafbare Äußerungen zur Anzeige zu bringen.

Rückendeckung erhielt dieser auch von dem CDU-Finanzpolitiker Matthias Hauer. "Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt", schrieb Hauer auf Twitter und forderte "volle Solidarität" mit Bayaz gegen rassistische Anfeindungen. Kritik an dem Meldeportal äußerte dagegen im "Handelsblatt" der Präsident des Bundesfinanzhofs, Rudolf Mellinghoff.

Von "Denunziation" oder "Denunziantentum" hatten in Verbindung mit dem Portal in Baden-Württemberg in der "Bild"-Zeitung der SPD-Finanzexperte Lothar Binding beziehungsweise Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß gesprochen. Auch Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch gebrauchte im Redaktionsnetzwerk Deutschland das Wort "Denunziantentum", ebenso FDP-Chef Christian Lindner in den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Das baden-württembergische Portal ermöglicht online, auch anonym, Hinweise auf Steuervergehen. Die Finanzverwaltung kann dazu, ohne eine Anonymität aufzuheben, Rückfragen stellen. In mehreren anderen Bundesländern, beispielsweise Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, gibt es bereits die Möglichkeit, im Internet Formulare für Hinweise herunterzuladen und teilweise auch online auszufüllen. Die auf Wunsch anonyme Übermittlung erfolgt in der Regeln per E-Mail oder wahlweise per Post. Die direkte Online-Übermittlung von Hinweisen sowie der zugehörige Rückkanal sind aber bislang in Baden-Württemberg einzigartig.

bk/jp