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Chaos am Flughafen von Kabul

Nach dem Einmarsch der Taliban in der afghanischen Hauptstadt versuchten am Montagmorgen tausende Menschen, einen Platz auf einem Evakuierungsflug zu bekommen.

Chaos am Flughafen von Kabul: US-Soldaten, die laut US-Regierung den Flughafen sichern, feuerten Schüsse in die Luft, um die Menge zu kontrollieren. Deutschland, die USA und andere westliche Staaten arbeiteten unterdessen mit Hochdruck daran, ihre Staatsbürger und afghanische Mitarbeiter auszufliegen.

Die Menschenmenge hilfesuchender Afghanen erreichte auch das Rollfeld des Flughafens. "Ich habe sehr viel Angst. Sie feuern viele Schüsse in die Luft", sagte ein Zeuge der Nachrichtenagentur AFP am Montag. "Ich habe gesehen, wie ein junges Mädchen überfahren und getötet wurde", berichtete er weiter.

Dramatische Aufnahmen, die auf Online-Plattformen gepostet wurden, zeigten verzweifelte Zivilisten, die eine bereits überfüllte und verbogene Treppe hinaufkletterten, um ein geparktes Passagierflugzeug zu besteigen. Einige hingen mit den Händen am Treppengeländer.

Viele der Menschen wurden durch Gerüchte oder Falschmeldungen im Netz angezogen. "Ich habe auf Facebook gelesen, dass Kanada Asylanträge aus Afghanistan annimmt", sagte ein Mann, der laut eigenen Angaben Soldat in der afghanischen Armee war. Er sei deshalb in Gefahr: "Die Taliban haben es definitiv auf mich abgesehen", sagte er.

Die Flughafenverwaltung stellte unterdessen den kommerziellen Flugverkehr ein. "Es wird keine kommerziellen Flüge vom Hamid-Karsai-Flughafen geben, um Plünderungen und Verwüstungen zu verhindern. Bitte begeben Sie sich nicht zum Flughafen", hieß es in einer an Journalisten versendeten Mitteilung. Auch die US-Botschaft in Kabul forderte auf Twitter US-Staatsangehörige und Afghanen auf, "nicht zum Flughafen zu reisen".

Die USA, Deutschland und weitere westliche Staaten hatten bereits am Sonntag Staatsbürger und Botschaftspersonal an den Flughafen gebracht, um sie von dort auszufliegen. Wie die USA erklärten, halte sich ihr Botschaftspersonal getrennt von den Menschen ohne Reiseerlaubnis auf.

"Hunderte" Botschaftsmitarbeiter sind laut US-Angaben bereits außer Landes. Am Montag und in den Folgetagen sollten nach Angaben des Außenministeriums "tausende" in Afghanistan lebende US-Bürger, Ortskräfte der US-Vertretung in Kabul sowie deren Familien und andere "besonders gefährdete" Afghanen ausgeflogen werden.

67 Länder, darunter auch Deutschland, forderten die Taliban in einer Erklärung auf, alle ausreisewilligen Afghanen und Ausländer ausreisen zu lassen.

Außenminister Heiko Maas (SPD) hatte am Sonntagabend in Berlin angekündigt, die ersten Botschaftsmitarbeiter würden noch im Laufe des Tages ausgeflogen. Die Sicherheit der deutschen Staatsangehörigen, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Botschaft "und genauso der Menschen, mit denen wir in den letzten Jahren in Afghanistan zusammengearbeitet haben", habe oberste Priorität. "Wir setzen jetzt alles daran, unseren Staatsangehörigen und unseren ehemaligen Ortskräften eine Ausreise in den kommenden Tagen zu ermöglichen", sagte Maas.

Am Montagmorgen teilte das Verteidigungsministerium mit, dass ein erstes A400M-Transportflugzeug der Bundeswehr aus Wunstorf nach Kabul gestartet sei, um "die zu Schützenden aus Afghanistan in Sicherheit" zu bringen. "Fest steht: Es ist ein gefährlicher Einsatz für unsere Soldatinnen und Soldaten", erklärte das Ministerium beim Onlinedienst Twitter. 

Die Taliban hatten am Sonntag nach einem zehntägigen Eroberungsfeldzug durch Afghanistan die Hauptstadt Kabul erreicht. Die afghanische Regierung erklärte sich zur Machtübergabe bereit, Präsident Aschraf Ghani floh ins Ausland. In einer Facebook-Botschaft gestand er die Niederlage gegen die Taliban ein.

Kämpfer der radikalislamischen Miliz feierten am Sonntagabend im Präsidentenpalast ihren "siegreichen" Feldzug gegen die afghanische Regierung. Nachdem die Polizei und andere Regierungstruppen am Sonntag ihre Posten in Kabul aufgegeben hatten, übernahmen Taliban-Kämpfer Kontrollpunkte in der Stadt. 

Am Montag waren Kämpfer mit Gewehren über den Schultern zu sehen, die durch die Straßen der Grünen Zone liefen - dem ehemals stark befestigten Viertel, in dem die meisten Botschaften und internationalen Organisationen untergebracht sind.

fml/fwe