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Polen: Nationalkonservative Koalition geplatzt

Die von der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) angeführte Regierungskoalition in Polen ist zerbrochen.

Einer der Juniorpartner der PiS verkündete am Dienstag seinen Rückzug aus dem Bündnis. Die Partei Verständigung reagierte damit auf die Entscheidung von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, ihren Vorsitzenden Jaroslaw Gowin als Vize-Regierungschef abzuberufen. Hintergrund des Zerwürfnisses ist der Streit über die Steuerpolitik und ein umstrittener Gesetzentwurf im Mediensektor.

"Wir verlassen die Regierung erhobenen Hauptes", erklärte Gowin, der auch seinen Posten als Arbeitsminister verlor. Seine Entlassung markiere das Ende des Bündnisses "Vereinigte Rechte" und "de facto den Bruch der Regierungskoalition". In den vergangenen Monaten hatten die Spannungen zwischen Gowins Partei und der PiS zugenommen. 

Anlass waren unter anderem geplante Steuererhöhungen, die der Vize-Regierungschef ablehnte. Gowin sprach sich außerdem gegen einen Gesetzentwurf aus, der den US-Medienkonzern Discovery dazu zwingen könnte, die Mehrheit seiner Anteile am privaten polnischen Sender TVN zu verkaufen. 

Nach dem Rückzug ihres Juniorpartners ist die PiS nun auf die Unterstützung von Abgeordneten anderer Parteien aus dem rechten Spektrum angewiesen. Das Bündnis verfügt bislang über eine knappe Mehrheit von 232 der 460 Parlamentssitze. Sollten alle zehn Abgeordneten von Gowins Partei Verständigung der Regierung die Gefolgschaft verweigern, würde Morawieckis Koalition nur noch auf 222 Sitze im Parlament kommen. 

Regierungssprecher Piotr Müller betonte jedoch, dass er nicht mit einem Verlust der Mehrheit im Sejm rechne. "Ich bin überzeugt, dass es in der Vereinigten Rechten und im übrigen polnischen Parlament Abgeordnete gibt, welche die von uns vorgeschlagenen positiven Reformen unterstützen werden", sagte er.

Gowin erfuhr nach eigenen Angaben aus den Medien von seiner bevorstehenden Entlassung. Er warf Morawiecki vor, er habe das Versprechen der Koalition gebrochen, die Steuern nicht zu erhöhen. Zudem äußerte er deutliche Kritik an einer von der Regierung geplanten Novelle, die sich nach Ansicht von Kritikern gegen den vom US-Unternehmen Discovery kontrollierten Privatsender TVN richtet und die Medienvielfalt in Polen bedroht. 

Am Dienstagabend fanden in mehreren polnischen Städten Proteste gegen den Gesetzesentwurf statt, über den am Mittwoch im Parlament abgestimmt werden soll. Die sogenannte Lex TVN verstoße eindeutig gegen den Grundsatz der Medienfreiheit, sagte Gowin. Er warnte zudem vor einem Konflikt mit dem Verbündeten USA.

bfi/isd