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Erderwärmung um 1,5 Grad in 2030

IPCC-Bericht: Erderwärmung um 1,5 Grad wird bereits 2030 erreicht

Der Klimawandel vollzieht sich schneller und folgenschwerer als bislang angenommen - das ist das Ergebnis des ersten Teils des neuen Sachstandsberichts des Weltklimarats IPCC. Die Erde werde sich bei der derzeitigen Entwicklung bereits gegen 2030 um 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter erwärmen - und damit zehn Jahre früher als noch 2018 prognostiziert, heißt es in dem am Montag in Genf veröffentlichten Bericht. Die Erderwärmung sei dabei "eindeutig" durch den Menschen verursacht. 

Die bereits stattgefundene Erwärmung um 1,1 Grad seit Mitte des 19. Jahrhunderts sei bis auf einen Bruchteil auf den Menschen zurückzuführen, heißt es in dem Bericht weiter. Die "Rolle des menschlichen Einflusses auf das Klimasystem ist unbestritten", erklärte Valérie Masson-Delmotte, Ko-Vorsitzende der zuständigen IPCC-Arbeitsgruppe. In einem früheren IPCC-Bericht von 2014 war nur die globale Erwärmung selbst als "eindeutig" bezeichnet worden.

Einige Auswirkungen der Erderwärmung wie der Anstieg der Meeresspiegel und das Schmelzen der Gletscher sind nach Angaben der UN-Klimaexperten bereits heute "unumkehrbar". Selbst bei einer drastischen Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen würden die Meeresspiegel weiter ansteigen und "für tausende Jahre erhöht bleiben", heißt es in dem Bericht. Die Meeresspiegel könnten demnach bis zum Jahr 2100 um bis zu einen Meter steigen.

Die IPCC-Berichte gelten als wegweisend für die globale Klimapolitik. Im ersten Teil, an dem etwa 240 Expertinnen und Experten aus 66 Ländern mitgewirkt haben, geht es um naturwissenschaftliche Grundlagen des Klimawandels. Im kommenden Jahr sollen zwei weitere Teile zu Folgen des Klimawandels und Möglichkeiten der Anpassung sowie zu Wegen zu einer Minderung der Treibhausgasemissionen folgen. Den Abschluss bildet ein Synthesebericht, der Kernaussagen der drei Teile sowie aktuelle IPCC-Sonderberichte zusammenfasst. 

Die Erkenntnisse sind von wesentlicher Bedeutung für die Frage, wie das Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens noch erreicht werden kann, die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad, mindestens aber deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. Die Erde hat sich im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter bereits um 1,1 Grad Celsius erwärmt, in Deutschland sogar um 1,6 Grad. 

Derzeit steuert die Erde auf eine Erwärmung von mindestens drei Grad zu. Wie sich eine fortschreitende Erderwärmung auswirkt, machten diesen Sommer Überschwemmungen in Deutschland, Waldbrände im Mittelmeerraum und Hitzerekorde in Nordamerika deutlich.

UN-Generalsekretär António Guterres erklärte: "Dieser Bericht muss die Totenglocke für Kohle und fossile Treibstoffe läuten, bevor sie unseren Planeten zerstören." Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) forderte als Konsequenz aus den IPCC-Erkenntnissen "einen weltweiten Green Deal: mit gewaltigen privaten Investitionen zum Ausbau erneuerbarer Energien sowie Technologietransfers und einer Investitionsoffensive der Industrieländer in Schwellen- und Entwicklungsländern".

Greenpeace-Klimaexperte Christoph Thies kritisierte, Regierungen und Konzerne bewegten sich "beim Klimaschutz noch immer im Schneckentempo". Auch die Menschen in Deutschland bekämen die Folgen der Erderwärmung mittlerweile "schmerzhaft" zu spüren. Die Bundesregierung ebenso wie alle anderen Regierungen müssten daher "den Verbrauch fossiler Energien so schnell wie möglich stoppen".

Auch der Mitautor des Berichts und Direktor des Hamburger Max-Planck-Instituts für Meteorologie, Jochem Marotzke, hofft auf Konsequenzen. "Es lohnt sich immer, Klimawandel weiter einzuschränken", sagte er im ZDF.

Der führende Klima-Experte der Umweltorganisation WWF, Manuel Pulgar-Vidal, erklärte, der IPCC-Bericht gebe vor der UN-Klimakonferenz im November in Glasgow "Gewissheit" über die Verantwortung der Menschheit für den Klimawandel und darüber, "dass es noch schlimmer wird, wenn wir nicht sofort den Kurs ändern". Oxfam-Klimaexpertin Nafkote Dabi hob hervor, der Klimawandel sei schon jetzt "einer der schädlichsten Treiber von Hunger, Migration, Armut und Ungleichheit überall in der Welt".

Die Berichtsautoren betonen allerdings, dass im Kampf gegen die Erderwärmung jedes Zehntelgrad zählt. "Wir sind nicht zum Scheitern verurteilt", erklärte etwa die in Oxford forschende deutsche Klimaexpertin Friederike Otto.

yb/ju