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Thüringen: AfD scheitert mit Misstrauensantrag

Der Thüringer Landtag hat ein von der AfD eingebrachtes Misstrauensvotum gegen Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) abgelehnt.

Für den Antrag stimmten am Freitag in Erfurt in geheimer Abstimmung 22 Abgeordnete. Das entspricht der Anzahl der Sitze der AfD. Für ein erfolgreiches Votum wäre eine Zweidrittelmehrheit von 60 Stimmen erforderlich gewesen. Alle anderen Parteien hatten bereits zuvor erklärt, den Vorstoß abzulehnen.

Durch den Misstrauensantrag wollte die AfD Ramelow ablösen und ihren eigenen Landespartei- und Fraktionschef Björn Höcke zum Regierungschef machen. In der Landtagsdebatte vor der Abstimmung wiesen Vertreter aller übrigen Parteien das Ansinnen zurück und sprachen von einem Versuch der AfD, das Land und die Demokratie mit einer "Schmierenkomödie" zu verhöhnen und destabilisieren zu wollen. Höcke sei ein Rechtsextremist und vollkommen unwählbar.

Die Thüringer Landespolitik befindet sich vor dem Hintergrund komplizierter Mehrheitsverhältnisse und Frontstellungen bereits seit der Wahl von 2019 in ständiger Unruhe. Ramelow regiert dort nur mit einer Minderheitsregierung aus Linken, SPD und Grünen.

Ursprünglich wollte sich der Landtag demnächst selbst auflösen und so eine Neuwahl im September herbeiführen. Linke, SPD und Grüne stoppten dies aus Sorge vor einer Situation, in der die Stimmen der AfD über den Erfolg des Antrags entscheiden könnten. 

Ihren Anfang nahmen die Querelen im vergangenen Jahr, als die Wiederwahl Ramelows im Landtag zunächst spektakulär scheiterte. Im Parlament wurde damals überraschend der FDP-Politiker Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten gewählt, weil er auch Stimmen von CDU und AfD erhielt. Der Vorgang sorgte bundesweit für große Empörung. Kemmerich trat nach wenigen Tagen im Amt wieder zurück.

Linke, SPD, Grüne und CDU schlossen danach einen informellen sogenannten Stabilitätspakt, um fallweise Mehrheiten im Landtag zu organisieren und das Land regierungsfähig zu halten. Dieses Arrangement war eigentlich bis zur Herbeiführung einer Neuwahl im Herbst durch Selbstauflösung des Landtags befristet. Wie es nun weitergeht, ist noch unklar. Das Verhältnis zwischen Rot-Rot-Grün sowie CDU und FDP sind seit der Kemmerich-Wahl extrem angespannt. 

In der Aussprache vor der Landtagsabstimmung am Freitag äußerten Redner aller übrigen Parteien scharfe Kritik an der AfD. Das Misstrauensvotum sei ein "höhnischer Versuch", das Land Thüringen und seine Demokratie zu beschädigen, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Linken-Fraktion, André Blechschmidt. Der CDU-Fraktionschef Mario Voigt nannte die AfD eine "Schande". Der Vorstoß sei eine "Farce", um das Land "in den Schmutz" zu ziehen.

Die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Madeleine Henfling, warf der AfD vor, in der Bevölkerung "größtmögliche Verunsicherung" zu schüren. Die stellvertretende SPD-Landeschefin Diana Lehmann sprach von einem "Spiel", um den Thüringer Landtag "lächerlich" zu machen. FDP-Generalsekretär Robert-Martin Montag bezeichnete den Antrag der AfD als "destruktives Politiktheater".

Für die AfD begründete Höcke den Antrag seiner Fraktion. Ramelows rot-rot-grüne Minderheitsregierung sei bei der Wahl von 2019 "abgewählt" worden, sagte er. Zugleich rief er die Abgeordneten der CDU auf, mit der AfD zu stimmen. Ihre Partei sei "degeneriert".

Scharfe Kritik übten die Redner von Linken, Grünen und SPD in der Debatte aber auch am Verhalten der CDU. Diese stimmte nicht mit den anderen Parteien gegen den Misstrauensantrag der AfD, sondern boykottierte die Abstimmung, in dem sich ihre Abgeordneten nicht an der namentlichen Stimmabgabe beteiligten. Blechschmidt sprach von "völliger Fehleinschätzung", die er so nicht verstehen könne. 

Lehmann warf der CDU vor, sich auf das gefährliche "Spiel" der AfD einzulassen. Die Fraktion habe schlichtweg Angst gehabt, dass einer ihrer Mitglieder für Höcke stimmen könnte, und sich deshalb für den Boykott entschieden. Henfling forderte die CDU ebenfalls auf, sich mit einem Nein eindeutiger zu positionieren.

bro/cne