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Mindeststeuer für Großkonzerne

G20-Finanzminister beschließen globale Mindeststeuer für Großkonzerne

Nach jahrelangen Verhandlungen haben sich die Finanzminister der G20-Staaten bei ihrem Treffen in Venedig auf die Einführung einer globalen Mindeststeuer für Großkonzerne geeinigt. Global agierende Unternehmen sollen laut der Abschlusserklärung vom Samstag mit mindestens 15 Prozent besteuert werden. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) nannte den Beschluss "historisch". US-Finanzministerin Janet Yellen forderte angesichts der Einigung von der EU, die Pläne für eine Digitalsteuer fallen zu lassen.

Durch die Einigung soll laut Abschlusserklärung eine "stabilere und gerechtere internationale Steuer-Architektur" geschaffen werden. Bei den Verhandlungen über eine weltweite Mindeststeuer für Großkonzerne war am 1. Juli im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ein Durchbruch erzielt worden. 132 von 139 Mitgliedern des sogenannten Inclusive Framework der OECD unterstützen derzeit das Vorhaben.

"Endlich können sich große Konzerne nicht mehr ihrer Steuerpflicht entziehen", twitterte Scholz. "Jetzt geht es an die Umsetzung, damit die Steuer ab 2023 greifen kann."

Die Corona-Pandemie habe gezeigt, "in welcher Weise wir auf das gemeinschaftliche Handeln angewiesen sind und auch auf die Möglichkeit, das zu finanzieren und zu organisieren", sagte Scholz nach den Beratungen in Venedig. Deshalb sei die G20-Einigung "in der Tat ein historischer Moment". 

Erwartet wird, dass die endgültige Einigung auf die beiden Säulen der Steuerreform beim G20-Gipfel im Oktober erfolgt. Säule eins soll laut OECD eine fairere Verteilung der Besteuerungsrechte der Staaten in Bezug auf die Gewinne großer multinationaler Konzerne sicherstellen - vor allem aus der Digitalwirtschaft. Dabei soll ein Teil der Rechte von den Ländern, in denen Unternehmen ihren Hauptsitz haben, auf diejenigen Staaten übergehen, auf deren Märkten sie ihre Gewinne erzielen. 

Die zweite Säule ist die globale Mindeststeuer. Die neue Regelung betrifft voraussichtlich weniger als 10.000 Unternehmen weltweit. Dennoch rechnet die OECD bei einer Mindeststeuer von 15 Prozent mit jährlich mehr als 126 Milliarden Euro zusätzlichen Steuereinnahmen. 

Mehrere EU-Staaten liegen derzeit unter der 15-Prozent-Marke. Irland, wo US-Technologiekonzerne wie Google und Facebook ihre europäischen Niederlassungen haben, hat einen Mindeststeuersatz von 12,5 Prozent. Noch niedriger sind die nominalen Sätze in Ungarn (neun Prozent) und Bulgarien (zehn Prozent).

Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire bezeichnete die Einigung als Jahrhundert-Chance. Sein britischer Kollege Rishi Sunak sagte, dass nach der Einigung "die richtigen Unternehmen die richtigen Steuern an den richtigen Orten" zahlen würden. 

US-Finanzministerin Yellen forderte eine schnelle Umsetzung der Mindeststeuer. Angesichts der Einigung rief die US-Finanzministerin die EU am Sonntag auf, ihre Pläne für eine Digitalsteuer fallen zu lassen. Eine solche Steuer würde US-Unternehmen diskriminieren und sei nach der Einigung auf die globale Mindeststeuer auch nicht mehr notwendig, betonte Yellen. 

Kritik an der Einigung der G20-Minister kam aus der Unionsfraktion. Die Ergebnisse des Treffens seien "eine Bankrotterklärung für die Steuergerechtigkeit", erklärte die finanzpolitische Sprecherin von CDU/CSU, Antje Tillmann. Die "aggressiven Steuergestaltungen multinationaler Digitalkonzerne" und der "schädliche Steuerwettbewerb" zwischen den Staaten würden mit der Reform nicht bekämpft.

Das G20-Treffen in Venedig war das erste seit Februar 2020, bei dem Vertreter der Staaten wieder persönlich zusammenkommen. Bei den zweitägigen Beratungen der Finanzminister standen auch der Klimawandel und die Corona-Pandemie auf der Tagesordnung. 

In ihrer Abschlusserklärung warnten die Finanzminister angesichts der Ausbreitung neuer Corona-Varianten vor "Abwärtsrisiken". Auch das unterschiedliche Impftempo in verschiedenen Ländern bezeichneten sie als besorgniserregend. Yellen rief am Sonntag dazu auf, angesichts aktueller Corona-Ausbrüche in mehreren Ländern "etwas mehr zu tun" und etwa Medikamente und Schutzausrüstung bereitzustellen. 

Die G20 bestehen aus den 19 größten Industrie- und Schwellenländern und der EU. Neben den G7-Staaten gehören der Gruppe Russland, China und große Schwellenländer wie Indien und Brasilien an.

isd/yb