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UN-Sicherheitsrat für Hilfe in Syrien

In quasi letzter Minute hat der UN-Sicherheitsrat die Möglichkeit für grenzüberschreitende humanitäre Hilfslieferungen nach Syrien für sechs Monate verlängert. Die am Freitag in New York einstimmig verabschiedete Resolution ermöglicht die Offenhaltung des einzigen verbliebenen Grenzübergangs für Hilfsgüter im Nordwesten des Bürgerkriegslandes, der nicht von Damaskus kontrolliert wird. Hätte es keine Verlängerung gegeben, wäre der sogenannte Hilfsmechanismus am Samstag ausgelaufen. Deutschland und internationale Hilfsorganisationen zeigten sich erleichtert, forderten zugleich aber auch mehr.

Der Hilfsmechanismus existiert seit 2014, er wurde im vergangenen Jahr nach Druck aus Russland allerdings stark eingeschränkt. Moskau sträubte sich lange gegen eine nochmalige Verlängerung, erst am Donnerstag signalisierte es Kompromissbereitschaft. Die letztlich verabschiedete Resolution handelten die USA und Russland unter Hinzuziehung der drei weiteren ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates  - China, Großbritannien und Frankreich - aus.

Die USA und andere westliche Staaten hatten ursprünglich auf eine Verlängerung um ein Jahr gedrungen. Moskau, ein enger Verbündeter der syrischen Regierung, argumentierte, die UN-Hilfe könne genauso gut über Damaskus in Rebellengebiete gebracht werden. Die russische Regierung befürchtet, dass der Grenzübergang Bab al-Hawa von der Türkei nach Syrien dazu genutzt werden könnte, Waffen an Rebellenkämpfer zu liefern. Am Ende wurde nun die Verlängerung um zunächst sechs Monate beschlossen.

Laut der nun verabschiedeten Resolution könnte der Hilfsmechanismus in einem halben Jahr unter bestimmten Bedingungen erneut um sechs Monate verlängert werden. Voraussetzung ist die Vorlage eines Berichts des UN-Generalsekretärs bis Ende des Jahres zur "Transparenz der Einsätze und zum Fortschritt beim grenzüberschreitenden Zugang zur Deckung des humanitären Bedarfs". Diplomaten zufolge ist eine erneute Abstimmung in sechs Monaten damit nicht zwingend erforderlich.

Sowohl Russland als auch die USA würdigten den Kompromiss als Zeichen einer neuen Form der Zusammenarbeit unter US-Präsident Joe Biden. Dieser habe am Freitag mit Putin telefoniert, erklärte das Weiße Haus in Washington. Beide Politiker hätten die "gemeinsame Arbeit ihrer Teams in Folge des jüngsten US-russischen Gipfels gelobt".

Der russische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Wassili Nebensia, sprach gar von einem "historischen" Geschehen. "Zum ersten Mal haben Russland und die USA nicht nur einen Kompromiss erzielt, sondern auch einen gemeinsamen Text präsentiert, der von allen Sicherheitsratsmitgliedern unterstützt wurde."

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) zeigte sich in Berlin "sehr erleichtert", forderte aber zugleich weitere Schritte. "Vor dem Hintergrund des Leids, das die Menschen in Syrien in dem seit mehr als zehn Jahren andauernden Konflikt ertragen, ist die Verlängerung der Resolution ein absolut notwendiger Schritt - wenngleich keineswegs ausreichend", erklärte er. Rund 3,4 Millionen Menschen in der Region seien auf humanitäre Hilfe angewiesen. "Die Not der Menschen in Syrien ist durch Corona-Pandemie und wirtschaftlichen Kollaps im vergangenen Jahr noch einmal schlimmer geworden."

Auch Hilfsorganisationen reagierten erleichtert - und forderten zugleich mehr: "Das ist eine wichtige Entscheidung, mit der eine humanitäre Katastrophe zunächst abgewendet wurde – zumindest bis die Resolution erneut ausläuft", erklärte die Welthungerhilfe. Die Hilfsorganisation Care ihrerseits sprach von einem "Minimalkonsens", der nicht dem realen Bedarf gerecht werde: Auch nach intensiven Verhandlungen seien leider keine weiteren Grenzübergänge geöffnet worden. 

"Leider hat der Sicherheitsrat nicht auf das Plädoyer der humanitären Organisationen gehört, die Zahl der Grenzübergänge zu erweitern, damit die UNO auf den wachsenden Bedarf humanitärer Hilfe reagieren kann", erklärte auch Save the Children.

jes/noe