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Die Stadt reagiert

Allgemeinverfügung der Stadt Münster vom 10. 6. 2021

Anordnungen

I.Das Mitführen und die Benutzung von Glasbehältnissen ist in dem Bereich des alten Aasees (der von der Torminbrücke, Annette-Allee, Adenauerallee, Weseler Straße und Bismarckallee begrenzte Bereich) in dem unter II. genannten Zeitraum untersagt.

Glasbehältnisse sind alle Behältnisse, die aus Glas hergestellt sind, wie zum Beispiel Flaschen und Gläser.

Der genannte Bereich ist in der als Anlage beigefügten Karte gekennzeichnet. Die Karte ist Bestandteil dieser Allgemeinverfügung

Von diesem Verbot ausgenommen ist die Benutzung der von den in dem genannten Bereich gelegenen gastronomischen Einrichtungen ausgegebenen Glasbehältnisse in deren Räumlichkeiten sowie und auf deren Freischankflächen.II.

Das Verbot gilt in dem genannten Bereich an den Freitagen und Samstagen bis zum 30. 9. 2021 in der Zeit von 18.00 Uhr bis 6.00 Uhr am Folgetag.III.

Die sofortige Vollziehung dieser Verfügung wird gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet. IV.

Diese Allgemeinverfügung gilt gemäß § 41 Abs. 4 S. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (VwVfG NRW) am Tage nach ihrer Bekanntmachung als bekanntgegeben.

Die Anordnungen unter I. und II. treten am 11. 6. 2021 in Kraft.

                                                                                                                                                                                                          Begründung:

In den letzten Wochen hat sich der erweiterte Bereich um die Wiese an den Giant Pool Balls am Aasee nach den Feststellungen der Polizei, Ordnungsamt und Rettungsdienst als Hauptanziehungspunkt für zumeist jugendliche Feiernde herausgestellt.Dabei werden regelmäßig (alkoholische) Getränke konsumiert, diese befinden sich überwiegend in Glasbehältnissen und werden von den Feiernden mitgebracht.

In den vergangenen Jahren, wie auch in den letzten Wochen wurde festgestellt, dass eine ordnungsgemäße Entsorgung der Getränkebehältnisse häufig unterbleibt. Ein sehr hoher Anteil der Flaschen wird achtlos auf den Boden geworfen oder abgestellt, wo sie durch die Feiernden – versehentlich oder absichtlich – weggetreten wurden und zersplitterten. Hierdurch entstanden teilweise große Müllberge. Diese sind in den Einsatzberichten des Kommunalen Ordnungsdienstes und durch die Abfallwirtschaftsbetriebe Münster dokumentiert.

In den Medien wurde wiederholt über Situation berichtet (siehe bspw. Presseberichte der WN vom 2. 6. 2021, 7. 6. 2021, 9. 6. 2021 und Berichte von Antenne Münster vom 4. 6. 2021 und 8. 6. 2021).

Nach Auskunft der Abfallwirtschaftsbetriebe Münster sind allein in der Zeit vom 3. 6. 2021 bis zum 7. 6. 2021 2,85 Tonnen an Glas/Glasbruch vom Aasee entfernt worden, dies entspricht einer Menge von ca. 7.500 zerborstenen Flaschen Glas.

Der Bereich um den Aasee dient als Naherholungsgebiet, sowohl als Ziel für Spaziergänger, Jogger und Hundehalter als auch als Verweil- oder Spielfläche. Die Nutzer werden durch die aktuell eingetretene Situation durch die zersplitterten Glasbehältnisse vermeidbaren Gefahren ausgesetzt.

Der vermehrte Alkoholgenuss steigert zudem erfahrungsgemäß die Gewaltbereitschaft der Besucher und Besucherinnen, mit der Folge möglicher, erheblicher Verletzungen bei den Betroffenen und Unbeteiligten. Abgeschlagene Flaschen oder andere Glasgegenstände können bei körperlichen Auseinandersetzungen als gefährliche Waffen eingesetzt werden; die Glasscherben und Glassplitter verursachen beim Hineintreten oder Hineinfallen – mitunter lebensbedrohende – Verletzungen. Unbeteiligte Personen erleiden vermeidbare Verletzungen.

Laut der Stellungnahme des Polizeipräsidiums Münster vom 8. 6. 2021 kam es am 29. 5. 2021 bereits zu einer wechselseitigen Körperverletzung mit Glasflaschen. Auch wird von verschiedenen Fällen berichtet, in denen Flaschen als Wurfgeschosse gegen Einsatzkräfte der Polizei und des Ordnungsamtes verwendet wurden.

Zu I

Gemäß §§ 1, 3, 4 und 5 des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden – Ordnungsbehördengesetz (OBG) – bin ich die für die getroffene Anordnung zuständige Behörde.

Nach § 14 Absatz 1 Ordnungsbehördengesetz können die Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. Eine derartige Gefahr besteht darin, dass bei ungehindertem Ablauf des Geschehens sicher damit zu rechnen ist, dass die Besucher des Aasees, insbesondere in den in II. genannten Zeiträumen, Getränke in Glasbehältnissen mitbringen, dort konsumieren, und anschließend nicht ordnungsgemäß entsorgen, sondern so auf die öffentlichen Flächen stellen bzw. werfen, dass die Behältnisse nachfolgend zerstört werden. Dies hat zur Folge, dass Besucher über die Scherben stolpern und/oder sich bei sonstigen Stürzen an den Scherben verletzen werden. Aufgrund der großen Mengen an Scherben ist auch damit zu rechnen, dass Scherben durch das Schuhwerk dringen und Verletzungen der Feiernden und anderer Besucher des Aasees verursachen können. Von den Glasflaschen und Gläsern geht zudem eine erhebliche Gefahr für Leib, Leben und Gesundheit aus, wenn diese missbräuchlich als Wurf- und Stichwaffen gegen Menschen eingesetzt werden.

Die Allgemeinverfügung richtet sich an alle Personen, die sich in dem unter I. genannten Bereich aufhalten und Glasbehältnisse mit sich führen bzw. diese benutzen. Das Mitführ- und Benutzungsverbot von Glasbehältnissen soll sicherstellen, dass Glasbehältnisse erst gar nicht in den Bereich gelangen. Dadurch soll eine gegenwärtige erhebliche Gefahr abgewendet werden. Das Verbot ist geeignet, um Gefahren für die Besucher, Einsatzkräfte und unbeteiligte Dritte durch Flaschen, Gläser und Glasscherben in dem an den in II. genannten Zeiten stark frequentierten Bereich um den Aasee abzuwehren und somit einen Beitrag zu ihrer körperlichen Unversehrtheit zu leisten.-Ein milderes Mittel zur Erreichung dieses Zweckes besteht nicht.

Aufklärungsmaßnahmen gegenüber den Besuchern und die Erweiterung der Entsorgungsmöglichkeiten führen nach einvernehmlicher Beurteilung von Polizei und Ordnungsamt bei den häufig alkoholisierten Besuchern nicht zum Erfolg. Die Erfahrung der letzten Wochen hat gezeigt, dass sich die Situation an den Tagen vor den Feiertagen sowie an den Wochenenden trotz erfolgter Ansprachen stetig verschlimmert hat. Eine zunehmende Eskalation wurde beobachtet.

Auch die Aussprache von Platzverweisen in Einzelfällen führt nicht zur Beseitigung der Gefahr, da bei der hohen Besucherzahl naturgemäß nur ein kleiner Bruchteil der aktiv ordnungswidrig handelnden Personen festgestellt und entsprechend sanktioniert werden kann. Überdies werden in diesen Fällen die bereits verursachten Scherben nicht mehr kurzfristig entfernt. Eine sofortige Entsorgung der Flaschen, Gläser und Scherben durch dafür eingesetztes eigenes Personal ist aufgrund des hohen Besucheraufkommens nicht realisierbar. Das Glasverbot ist darüber hinaus ein milderes Mittel als ein generelles Alkoholverbot oder die Teil- bzw. Vollsperrung der Aaseeflächen. Durch das Glasverbot ist sichergestellt, dass der Aufenthalt am Aasee weiter möglich ist. Alkohol kann ebenfalls grundsätzlich weiter konsumiert werden. Für die in Anspruch genommenen Personen ergeben sich aus dem Mitführungs- und Benutzungsverbot keine eigene Gefährdung und keine Verletzung höherwertiger Pflichten.

In räumlicher und zeitlicher Hinsicht ist die Maßnahme auf das erforderliche Maß beschränkt. Die Voraussetzungen des § 19 OBG für die Inanspruchnahme nicht verantwortlicher Personen sind gegeben, weil es um die Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr für hohe Rechtsgüter der Beteiligten geht. Eine Beschränkung der Maßnahmen auf die ordnungswidrig handelnden Personen verspricht aufgrund der hohen Fallzahlen keinen Erfolg.

Das Verbot ist unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (§ 15 OBG) angemessen. Das Verbot der Benutzung und Mitführung von Glasbehältnissen in dem unter I. und II. bezeichneten zeitlichen und räumlichen Geltungsbereich stellt zwar grundsätzlich eine Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit dar. Die Beeinträchtigung ist jedoch geringfügig, weil die Möglichkeit verbleibt, Getränke etc. in alternativen Behältnissen (z. B. aus Kunststoff) mitzuführen und zu konsumieren.

Zu II

Der zeitliche Geltungsbereich wurde aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Jahre festgelegt. In den Sommermonaten bis in den September hinein ist aufgrund der hohen Temperaturen auch in den Abend- und -Nachtstunden mit einem hohen Personenaufkommen zu rechnen. Insbesondere an den Abenden vor einem freien Tag ist ein starker Hang zum Konsum großer Mengen (alkoholhaltiger) Getränke festzustellen. Daher besteht in diesen Zeiten das höchste Risiko durch Flaschen, Glas und Glasscherben verletzt zu werden.

Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit wurde das Verbot befristet erlassen.

Zu III

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung meiner Verfügung ist gemäß § 80 Absatz 2 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) im öffentlichen Interesse geboten. Ein gegen diese Verfügung eingelegter Rechtsbehelf entfaltet somit keine aufschiebende Wirkung.

Angesichts der drohenden Gefahr für die geschützten Rechtsgüter, die von nicht ordnungsgemäß entsorgten Glasbehältnissen innerhalb des in Ziffer 1 genannten Bereiches ausgeht, kann der Ausgang eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht abgewartet werden. Das private Interesse an der Nutzung von Glasbehältnissen im öffentlichen Bereich muss für den zeitlich und örtlich begrenzten Geltungsbereich den bedeutenden Schutzgütern gegenüber zurückstehen. Dem Interesse des Einzelnen an der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs kommt mit Blick auf die schützenswerten Rechtsgüter, insbesondere die körperliche Unversehrtheit, eine nachrangige Bedeutung zu.

Rechtsbehelfsbelehrung: Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage erhoben werden. Die Klage ist beim Verwaltungsgericht Münster (Postanschrift: Postfach 8048, 48043 Münster, Hausanschrift: Piusallee 38, 48147 Münster) schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzureichen. Die Klage kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 55a Absatz 4 VwGO eingereicht werden. Die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) vom 24. November 2017 (BGBI. I S. 3803.Münster, 10. Juni 2021

Der Oberbürgermeister i . V. Wolfgang Heuer Stadtrat