Zum Inhalt springen
OZD.news - News und Nachrichten zum Nachschlagen

Bespitzelt vom Freund (mit Kommentar und Aktualisierung)

TopNews: Der dänische Geheimdienst half offenbar dem amerikanischen Auslandsgeheimdienst (NSA), europäische Spitzenpolitiker abzuhören, darunter Angela Merkel, Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück.

Hamburg - (ots) - Dass der US-Geheimdienst NSA jahrelang deutsche Spitzenpolitiker wie Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier ins Visier nahm, ist seit Jahren bekannt. Nun aber kommen neue Details der Ausspäh-Aktion ans Licht: Ausgerechnet Deutschlands Nachbarland und enger Partner Dänemark half der NSA offenbar bei der groß angelegten Bespitzelung der Politiker. Neu ist ebenso, dass auch der damalige Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ins Fadenkreuz der Geheimdienste rückte. Das haben Geheimdienstquellen einem Team des Dänischen Rundfunks (DR) erklärt, das gemeinsam mit europäischen Medien, darunter NDR, WDR und die Süddeutsche Zeitung, die Sache recherchiert hat.

Der dänische Auslands- und Militärgeheimdienst Forsvarets Efterretningstjeneste (FE) ermöglichte demnach der NSA die Nutzung der geheimen Abhörstation Sandagergardan in der Nähe von Kopenhagen. Hier befindet sich ein wichtiger Internetknotenpunkt verschiedener Unterseekabel, den die Nachrichtendienste anzapften. Die dänische Regierung wusste von der Überwachung europäischer Nachbarländer wohl spätestens seit 2015. Damals entstand der so genannte Dunhammer-Report. In dem geheim gehaltenen Papier hatten dänische Geheimdienst- und IT-Spezialisten in Reaktion auf die Snowden-Enthüllungen zusammengetragen, inwieweit der dänische Nachrichtendienst mit der NSA kooperierte.

Dabei erfuhr die dänische Regierung offenbar auch, dass Dänemark dabei half, führende Politikerinnen und Politiker aus Schweden, Norwegen, den Niederlanden, Frankreich und auch Deutschland abzuhören. Hierzulande waren das neben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem heutigen Bundespräsidenten Frank Walter Steinmeier, so zeigen die Recherchen, auch der damalige Kanzlerkandidat Peer Steinbrück (SPD).

Im Interview mit NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung sagte Steinbrück, er habe erst durch diese Recherche vom Abhören seiner Person erfahren. "Politisch halte ich das für einen Skandal", so Steinbrück. Zwar glaube er, dass auch westliche Staaten funktionsfähige und tüchtige Nachrichtendienste benötigten. Doch zeige diese Art des Abhörens unter Partnern, "dass sie doch ein ziemliches Eigenleben führen."

Auch die Bundesregierung hatte von der Bespitzelung führender Regierungsmitglieder aus Dänemark keine Ahnung. Ein Regierungssprecher sagte auf Anfrage: "Der Gegenstand Ihrer Recherche ist der Bundeskanzlerin durch Ihre Anfrage bekannt geworden." Darüber hinaus wolle man sich nicht äußern. Auch Bundespräsident Steinmeier erklärte, "keine Kenntnisse" zu einer möglichen Überwachung durch den dänischen Geheimdienst zu haben.

Laut Geheimdienstquellen des dänischen Senders DR, nutzten die NSA und der dänische FE für die Überwachung die Spionage-Software "XKeyscore". Dieses Programm wurde in der Vergangenheit von der NSA und befreundeten Geheimdiensten, darunter auch der Bundesnachrichtendienst (BND), benutzt, um bestimmte Suchbegriffe wie Mailadressen oder Telefonnummern aus großen Datenströmen zu filtern und zu analysieren.

Laut des bis heute geheim gehaltenen Dunhammer-Reports, der die Zusammenarbeit zwischen NSA und FE in den Jahren 2012 und 2014 untersuchte, zielte die Überwachung auch auf Dänemark selbst. So waren Ziele im dänischen Außen- und Finanzministerium sowie in einer dänischen Rüstungsfirma ausspioniert worden. Der dänische Auslandsgeheimdienst half demnach den Amerikanern, die eigene Regierung zu überwachen. Das ist nach dänischem Recht verboten und führte nach Bekanntwerden im Jahr 2020 zu einer Welle der Entrüstung. Im Zuge der Aufklärung des Skandals musste bereits die gesamte Führung des FE zurücktreten, darunter auch der ehemalige Geheimdienstchef Thomas Ahrenkiel, der Botschafter in Deutschland hätte werden sollen. Was damals nicht bekannt wurde: dass auch Merkel, Steinmeier und Steinbrück offenbar Ziele der Spionage aus Dänemark wurden.

Die Dänen hätten damals vor der Wahl gestanden, entweder mit den Amerikanern zu arbeiten oder mit den europäischen Partnern, so Thomas Wegener Friis, ein dänischer Experte für die Arbeit von Geheimdiensten. "Da haben sie sich eindeutig für die Amerikaner entschlossen und gegen ihre europäischen Partner."

Überrascht von den neuerlichen Enthüllungen ist auch Patrick Sensburg (CDU) nicht. Er leitete im Bundestag den NSA-Untersuchungsausschuss. Man müsse das System von Nachrichtendiensten verstehen, sagt Sensburg. "Es geht hier nicht um Freundschaften. Es geht hier nicht um moralisch-ethische Ansprüche. Es geht darum, Interessen durchzusetzen."

Die NSA, der dänische Geheimdienst FE und das dänische Verteidigungsministerium wollten die Recherchen auf Anfrage nicht kommentieren. Die dänische Verteidigungsministerin teilte allgemein mit, "ein systematisches Abhören enger Verbündeter ist inakzeptabel."

Die Recherchen erfolgten in Zusammenarbeit zwischen dem dänischen Fernsehsender DR, dem schwedischen SVT, dem norwegischen NRK, der französischen Le Monde sowie NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung.

Kommentar: Spionage gibt es immer schon. Eine besondere Qualität kommt jedoch hinzu, wenn eine dritte Macht, wie die Vereinigten Staaten, sich des benachbarten "Freundes" wie Dänemark bedienen. Und der Versuch ist dabei nicht einmal strafbar- die Entscheidung aber, dabei mitzumachen ist unfassbar! Nun liegt der Verdacht nahe, dass Dänemark nicht nur den "Freund" Deutschland, sondern auch andere Freunde und Partner bespitzelt hat und noch bespitzelt? Im Auftrag der Vereinigten Staaten und wahrscheinlich bis in die  höchsten Kreise. Und wie reagieren wir? Geht das unter Präsident Biden weiter???


Aktualisierung vom 31.5.2021 Frankreich: US-dänische Spionage wäre "extrem gravierend"

Frankreich hat sich besorgt über Medienberichte gezeigt, wonach Dänemark den USA bei der Bespitzelung unter anderem von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geholfen haben soll. Europaminister Clément Beaune nannte die Vorwürfe am Montag im Radiosender France Info "extrem gravierend". Sollten sie zutreffen, werde es "Konsequenzen für die Zusammenarbeit haben", drohte Beaune.

"Wir müssen sehen, ob die Dänen als unsere EU-Partner Fehler in der Zusammenarbeit mit den US-Diensten gemacht haben", sagte Beaune. Zwischen Verbündeten müsse es "Vertrauen" geben.

Der Dänische Rundfunk und deutsche Medien wie NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" berichten, der dänische Auslands- und Militärgeheimdienst Forsvarets Efterretningstjeneste (FE) habe dem US-Geheimdienst NSA die Nutzung einer geheimen Abhörstation in der Nähe von Kopenhagen ermöglicht. Von dort sollen in den Jahren 2012 bis 2014 neben Merkel auch der heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der damalige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück abgehört worden sein.

Zugleich nannte Beaune die Spionage-Vorwürfe des Iran gegen den französischen Staatsbürger Benjamin Brière "unverständlich". Dem 2020 verhafteten Brière droht im Iran die Todesstrafe. Dem Urlauber wird unter anderem vorgeworfen, verbotene Aufnahmen gemacht zu haben. 

lob/mkü