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Zehntausende auf den Straßen gegen Bolsonaro

Die Proteste in dutzenden Städten am Samstag richteten sich vor allem gegen den laxen Umgang des rechtsradikalen Staatschefs mit der Corona-Pandemie, aber auch gegen die Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes.

In Brasilien haben erneut zehntausende Menschen gegen Staatschef Jair Bolsonaro demonstriert. Die Proteste in dutzenden Städten am Samstag richteten sich vor allem gegen den laxen Umgang des rechtsradikalen Staatschefs mit der Corona-Pandemie, aber auch gegen die Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes. Die Demonstranten warfen Bolsonaro zudem vor, Rassismus und Gewalt in der brasilianischen Gesellschaft zu befördern. 

Zu den Protesten hatten linksgerichtete Organisationen und Bewegungen von Studierenden aufgerufen. Vor den Kundgebungen verteilten sie Corona-Schutzmasken und Desinfektionsgel und riefen die Demonstranten auf, sich an die Abstandsregeln zu halten.

In Rio de Janeiro gingen rund 10.000 Menschen gegen Bolsonaro auf die Straße. Sie riefen "Bolsonaro raus!" und warfen dem Staatschef "Völkermord" vor. Proteste gegen den Präsidenten fanden unter anderem auch in den Metropolen Belo Horizonte, Salvador und der Hauptstadt Brasília statt.

Die Kundgebung in Brasília war die größte seit Beginn der Pandemie. Die Demonstranten marschierten zum Nationalkongress, wo ein Senatsausschuss derzeit Bolsonaros Umgang mit der Corona-Krise untersucht. Unter anderem forderten die Demonstranten eine Amtsenthebung des ultrarechten Staatschefs.

In Brasiliens Wirtschaftsmetropole São Paulo fanden sich nach heftigem Regen erst am Nachmittag zehntausende Menschen auf der berühmten Pracht- und Finanzstraße Avenida Paulista ein. "Niemand möchte mitten in einer Pandemie auf die Straße gehen. Bolsonaro lässt uns aber keine andere Wahl", sagte der Chef der Bewegung der obdachlosen Arbeiter (MTST), Guilherme Boulos. "Wir sind auf der Straße, um Leben zu verteidigen." Dies könne nicht bis zur Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr warten. 

In Recife, der Hauptstadt des nordöstlichen Bundesstaats Pernambuco, löste die Polizei eine friedliche Kundgebung mit Tränengas und Gummigeschossen auf. Ein Grund für ihr Einschreiten wurde nicht genannt. Der Gouverneur von Pernambuco, Paulo Câmara, ordnete Ermittlungen gegen die beteiligten Beamten an.

Bolsonaro wird vorgeworfen, durch Verharmlosung der Pandemie die rasante Ausbreitung des Coronavirus im größten Land Lateinamerikas befördert zu haben. Er hatte die von dem Coronavirus ausgelöste Krankheit Covid-19 als "kleine Grippe" bezeichnet und Maßnahmen brasilianischer Bundesstaaten und Kommunen zur Eindämmung des Virus wegen ihrer Auswirkungen auf die Wirtschaft kritisiert. 

Auch zog er die Wirksamkeit der Impfstoffe in Zweifel. Bis heute kommt die Impfkampagne vor allem wegen Lieferengpässen nur schleppend voran.

Brasilien gehört zu den am schlimmsten von der Corona-Pandemie betroffenen Ländern der Welt. Nach offiziellen Angaben starben bislang mehr als 461.000 Menschen an den Folgen einer Corona-Infektion. Nur in den USA gibt es noch mehr Corona-Todesfälle.

In Brasilien finden seit Monaten Proteste gegen den Präsidenten statt, die im Laufe der Zeit an Zulauf gewonnen haben. Bolsonaros Popularität ist stark geschrumpft. Laut einer Umfrage des Instituts Datafolha liegt sie bei nur noch 24 Prozent. Für eine Amtsenthebung sprechen sich inzwischen 49 Prozent der Brasilianer aus, 46 Prozent lehnen dies ab.

An den vergangenen beiden Wochenenden hatte es auch Demonstrationen zur Unterstützung des Präsidenten gegeben - zu diesen Versammlungen hatte allerdings Bolsonaro selbst aufgerufen.

ans/noe

© Agence France-Presse