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Er ist wieder da

Was vor einigen Jahren für größte Lacher gesorgt hat, ist mit der heutigen Überschrift blutiger Ernst

Gestern hat Bernd Höcke, ein Politiker der AfD, in einem Interview des ZDF sein wahres Gesicht gezeigt. „Vielleicht werde ich ja auch mal eine interessante politische Person irgendwann, könnte doch sein?!“... „Dann wird es mit mir kein Interview mehr geben“, denn „das wird Konsequenzen haben.“ Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich bei einem bebilderten Beitrag so ruhig wurde.


Mein Opa war noch im Krieg. Ich habe seine Geschichten gehört, die glorreichen von 1939 und 40 und die niederschmetternden von 43 bis 45. Er hat oft geweint. Ich erinnere mich daran, wie er versucht hat, mit humanitären Gesten, wie jene unsagbar große Spenden, das Getane wieder gut zu machen. Ich habe ihn weinen gesehen und seinen Hass im Gesicht gesehen, wenn ich ihn provozierte. Und genau diesen Blick des Hasses, dieses diabolische Lachen unter seinem aristokratischen Scheitel, ich kenn das. Als kleiner Junge konnte ich dem entgehen, indem ich abgehauen bin. Immer wieder, weil ich Angst hatte. Jetzt habe ich wieder Angst, aber ich kann mich nicht verstecken.


Ich habe ein Kind in diese Welt gesetzt und schäme mich dafür, dass der Stolz meines Seins erleben muss, mit welcher Dekadenz unsere Gesellschaft bewährte demokratische Strukturen in Frage stellt, indem, wie bei einem pubertierenden Kind, die Grenzen des Möglichen ausgelotet werden. Bernd Höcke (ich weiss, aber ich mag das nerdige Bernd, dass auch bei Krautchan immer als Synonym für den Deutschen verwendet wird) ist Lehrer, Geschichtslehrer, also ein ehemaliger Pädagoge.


Als ich mit zwölf oder 13 einmal eine Deutscharbeit versaut habe, zerriss ich vor Wut mein Heft. Damals war die Lehrkraft ein gewisser Oberstudienrat, heute Direktor, Helmut Seifen, bis zum JUli 2019 der Landesvorsitzende der AfD in Nordrhein-Westfalen. Der Kommentar, des heute medienwirksam verbreitenden Höckekritikers war mit entsprechendem Habitus dargestellt: „Sowas macht man nicht mit einer Deutscharbeit! Wir sind hier auf einer deutschen Schule, an einem deutschen Gymnasium.“ Ich werde den Blick und die vor Wut fliegende Locke seines Scheitels nie vergessen. Ich ging nach Hause und meinte zu meiner Mama: Seifen ist ein Nazi. Dafür bekam ich direkt im Anschluss Ärger, weil man das ja nicht einfach postulieren dürfe.


Heute weiß ich, dass ich es nicht postuliert, sondern richtig analysiert habe. Meine Mama weiß das heute auch. Das Problem zu früher ist nur, dass heute der Kommentar von Seifen gefeiert würde. Schaut man sich die Kommentare auf Youtube unter dem Interview im ZDF an, gefriert mir das Blut, denn, obwohl der federführende Journalist das Interview auf Bitten des Pressechefs nicht wiederholen wollte, was ich für richtig halte, wird nur das ZDF gescholten.


So viel Hass, so viel Angst, so viel Spaltung. Wenn wir nicht aufpassen, wird der westdeutsche Höcke und assimiliere Thüringer weiter machen. Differenzen werden zelebriert und Ressentiments kultiviert. Die Welt gerät aus den Fugen, weil „man das ja noch wohl mal sagen darf“ oder „im 3. Reich ja nicht alles schlecht war“. Sorry, ich finde, dass alles schlecht war, was von den Nazis angerichtet wurde.

Die Jobs gab es auf Pump, die Meinungsfreiheit, auf die sich auch Bernd Höcke beruft, wird sukzessive beschnitten und Gleichschritt propagiert. Man könnte denken, dass Thomas Hobbes 1580 durchaus richtig lag, als er den "Leviathan" schrieb, dessen politisches System darauf fußt, dass die Freiheit im Sinne der Sicherheit aufgegeben wird, weil der Mensch, „böse, egoistisch und schlecht ist“. Wir wissen mittlerweile, dass sein materialistischer Ansatz nicht richtig war, aber seine Konsequenzen, blühen heute wie die ersten Krokusse einer braunen Zukunft im saftigen Grün aktueller Demokratie.

Wehret den Anfängen. Die Welt steht Kopf und wir alle sehen zu. Vielleicht sollten wir von der Jugend lernen, wie man aufbegehrt und nicht die Jugend von uns, wie man einfachen Lösungen Glauben schenkt in einer Welt, in der es keine einfachen Lösungen gibt.


Das ist zumindest „mein Kampf“.


Euer Adolf


P.S. Hier das Interview im Wortlaut:

https://kurz.zdf.de/Qbm/


Und hier der Link zu den braunen Bildern:

https://www.youtube.com/watch?v=YfTo4jgPveE&feature=player_embedded


Foto: Pixabay