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Mehr als 700 Zivilisten seit Militärputsch in Myanmar getötet

Die Junta spricht von weitaus geringeren Todesfallzahlen; ein Militärsprecher gab die Zahl der getöteten Zivilisten am Freitag mit 248 an. Auch das sind 248 Menschen zu viel!

In Myanmar sind seit dem Militärputsch Anfang Februar mehr als 700 Zivilisten getötet worden. Das geht aus Statistiken der myanmarischen Menschenrechtsorganisation Assistance Association for Political Prisoners (AAPP) hervor, die am Wochenende veröffentlicht wurden. Allein bei einem Blutbad unter Demonstranten am Freitag in der Stadt Bago sollen demnach mehr als 80 Menschen getötet worden sein. Die Proteste gegen die Militärjunta wurden am Sonntag fortgesetzt.

Die AAPP bezifferte die Zahl der seit Anfang Februar von Sicherheitskräften getöteten Menschen auf 701.

In Bago gab es laut AAPP  am Freitag "über 80" Tote. Da die Militärjunta inzwischen das Mobilfunknetz stark gedrosselt hat, wird es zunehmend schwierig, Nachrichten über Razzien und Tote zu überprüfen. Von der Nachrichtenagentur AFP überprüfte Videoaufnahmen scheinen das brutale Vorgehen von Militär und Polizei in der rund 65 Kilometer nordöstlich von Yangon gelegenen Stadt jedoch zu bestätigen: Darauf ist zu sehen, wie Demonstranten hinter Sandsackbarrikaden kauern und mit selbstgebauten Gewehren hantieren, während im Hintergrund Explosionen zu hören sind.

Ein Anwohner berichtete AFP, wie Leichen in einen Armeelaster geladen wurden, der kurz darauf wegfuhr. Den Rettungskräften sei es nicht erlaubt worden, in die Nähe der Toten zu kommen. Viele Einwohner seien vor der Gewalt in die nächstgelegenen Dörfer geflüchtet.

Die staatliche Zeitung "New Light of Myanmar" berichtete von einem Toten. Demnach waren die Behörden gegen "Aufrührer" eingeschritten.

Das Büro der Vereinten Nationen in Myanmar teilte mit, dass es die Lage in Bago genau verfolge. Verletzten sei dort keine Hilfe geleistet worden.

Bei einer Bombenexplosion vor einer Bankfiliale in Myanmars zweitgrößter Stadt Mandalay wurde am Sonntag ein Wachmann verletzt. Die Explosion traf die im Armeebesitz befindliche Myawaddy-Bank. Seit dem Militärputsch am 1. Februar verlangen Demonstranten den Boykott der Bank; zahlreiche Kunden forderten ihre Ersparnisse zurück.

Studenten und ihre Professoren zogen am Sonntag protestierend durch die Straßen unter anderem in Mandalay und Meiktila. Einige von ihnen trugen Kirschmyrten bei sich, ein Symbol des Sieges. In Yangon stand auf einem Spruchband der Studierenden "Wir werden den Sieg erringen, wir werden gewinnen".

Ein Medien-Organ, mit dem die Opposition Widerstand gegen die Militärjunta leistet, ist der Newsletter "Molotow", der auch im Internet verbreitet wird. Der Newsletter werde "so lange existieren, bis die Revolution Erfolg gehabt hat", sagte der Herausgeber, der nicht namentlich genannt werden wollte.

Seit dem Militärputsch wurden 64 Journalisten festgenommen, von denen sich nach Erkenntnissen des Staatenbunds Asean 33 am Sonntag weiterhin in Haft befanden. Insgesamt lag die Zahl der Festnahmen laut AAPP bei mehr als 3000.

Scharfe Kritik riefen Berichte der Staatsmedien hervor, wonach 19 Menschen von einem Militärgericht wegen Raubes und Mordes zum Tode verurteilt worden seien, davon 17 in Abwesenheit.

Der Experte Phil Robertson von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch wies darauf hin, dass in dem südostasiatischen Land seit mehr als 30 Jahren keine Hinrichtungen mehr vorgenommen worden seien. Da die Fälle vor einem Militärgericht gelandet seien, gebe es keine "Garantien für einen freien und fairen Prozess" und auch keine Berufungsmöglichkeit, sagte Robertson.

ao/lan


© Agence France-Presse