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Noch ist alles offen

Das Hafencenter ist seit Monaten ein Zankapfel der lokalen Politik: Ob irgendwann weitergebaut werden kann, steht nach dem im Frühjahr verfügten Baustopp immer noch in den Sternen

Gerade ist einmal wieder Bewegung in die scheinbar verfahrenen Verhandlungen um das Hafencenter gekommen. Dabei machte schon die Runde, dass das Hafencenter als teuerste Dauerruine in die Geschichte der Stadt eingehen würde. Die Gegner frohlockten schon. Sie sehen das Hafencenter als ein Fanal.

Doch die SPD hat sich gerade mit einem interessanten Vermittlungsvorschlag aus der Deckung begeben, nachdem sich die Grünen komplett verweigert haben und es auch für Wochen so aussah, als wenn die SPD nicht als Notanker im Stadtrat zur Verfügung stünde. Ein endgültiger Stillstand schien vorprogrammiert. Doch nun werden die Karten neu gemischt. Mit einem Kompromiss könnte der Stadtrat durch die Zustimmung von CDU und SPD nun doch zu einer positiven Entscheidung finden.

Ob der Investor den vorgeschlagenen Weg mitgeht, ist noch nicht ausgemacht. Er prüft derzeit die vorgeschlagen Veränderungen. Die Zeichen stehen aber gut, dass im kommenden Frühjahr mit einem geänderten Bebauungsplan weiter gearbeitet werden kann. Die Kuh wäre vom Eis.

Die Grünen haben vor einigen Wochen endgültig „Nein“ gesagt. Die Basis hatte einen Kompromiss der Ratsfraktion der Grünen eine klare Absage erteilt. Denn die hatte sich an einer Lösung des Konfliktes versucht. Nicht, dass die Absage der Grünen eine sonderlich überraschende Wendung gewesen wäre. Selbst im Koalitionsvertrag zwischen Grünen und CDU, war das Hafencenter als Streitpunkt festgehalten worden.

Ursprünglich war das umstrittene Investitionsprojekt der Familie Stroetmann mit den Stimmen der SPD durch den Stadtrat gebracht worden. Aber die politischen Verhältnisse haben sich geändert und damit stand auch die einstige Entscheidung auf der Kippe. Die Grünen haben nach ihrer Verweigerung das Millionenprojekt nun endgültig für gescheitert erklärt. Der Ball liegt seither bei der Verwaltung, die mit einem neuen konstruktiven Vorschlag in den Rat gehen will. Wie auch immer der Streit ausgehen wird, er hat große Folgen.  

In der Debatte um das Hafencenter ging es um wesentlich mehr als um ein Bauprojekt, es ging letztlich um die Frage wie die Stadt Münster sich mit der Beteiligung der Grünen politisch ausrichten will, ob sie wirtschaftsliberal oder sozialpolitisch agieren will. Kritiker des Bauprojektes warfen die ketzerische Frage auf: Will die Stadt Investoren ein leichtes Spiel ermöglichen oder will sie sich der Anwohner und deren Interessen und Sorgen annehmen?

Aus der Perspektive der Bewohnerinnen und Bewohner des Hansaviertels war die Durchsetzung des Hafencenters von Anfang an desaströs. Der ohnehin schon vom Verkehr stark belastete Hansaring wäre – wären die ursprünglichen Pläne realisiert worden – einer noch viel stärkeren Belastung ausgesetzt. Zudem befürchtete man, dass die Lärmbelästigung um ein Vielfaches steigen und ein weiterer Schritt zur Gentrifizierung des Hansaviertels gesetzt würde.  Die eigentliche Frage lautet also nicht, warum dem Hafencenter ein Ende gesetzt wird, sondern wie sich Rat der Stadt Münster, der Risiken und Knackpunkte des Vorhabens bewusst, das Bauvorhaben jemals genehmigen konnte.

Da der Schaden aber bereits angerichtet ist und auch Stroetmann (Investor) so langsam der Geduldsfaden reißt, drängt sich nun die Frage auf, wie es weitergehen könnte. Der Sprecher der Grünen Otto Reiners schlug zuletzt vor, das Gelände inklusive der Rohbauten zurückzukaufen und ein Wohnquartier mit kleinen Läden daraus zu machen. Ob die CDU aber bei diesem Vorschlag mitgeht, ist zumindest fraglich.

Nachdem es schon nach der Wahl gegen die ZAB in Münster (Januar 2018) zwischen CDU und Grüne zu immer stärkeren Spannungen kam, ist es nun mitnichten auszuschließen, dass ein endgültiges „Aus“ für das Hafencenter auch das „Aus“ für die Koalition bedeutet. Es bleibt abzuwarten, ob die Parteien in den nächsten Tagen und Wochen wieder aufeinander oder auf andere Parteien zugehen und welche Rolle die SPD dabei spielen wird, da sie die einzige potenziell mehrheitsbeschaffende Oppositionspartei ist.

Ein Regierungswechsel so kurz vor den Kommunalwahlen mag zwar riskant wirken, birgt aber auch Chancen. Sollte die CDU einmal wieder zur SPD wechseln und die Koalition auffliegen lassen, dann hätten die Grünen zu hoch gepokert. Was auch passiert, eines ist sicher: Es bleibt spannend im Rat der Stadt Münster. 

Fotos: Jörg Bockow