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Ein erfahrener Patient

Eingeladen vom Förderverein Palliativmedizin sprach Wolfgang Bosbach in der Alexianer Waschküche am Samstagvormittag über seinen Gegner, den Prostatakrebs.

Nur wenige Menschen verfügen über so eine Ausstrahlung und Souveränität, dass sie ein Thema, wie unheilbaren Prostatakrebs, so unterhaltsam und gar lustig rüberbringen. Der Rheinländer Wolfgang Bosbach ist jedenfalls einer von ihnen. 2010 kam die Zufallsdiagnose während einer Routineoperation für einen neuen Herzschrittmacher, den er aufgrund einer Grippeerkrankung seit den 80ern tragen muss. Sein PSA-Wert betrug 14. So viele Punkte sammelte er auch in Flensburg, weil er so unglaublich viel in Deutschland unterwegs ist.

   

Immer Nah am Menschen: Wolfgang Bosbach

Hätte er sich in seinen 50ern einmal bei der Vorsorgeuntersuchung blicken lassen, dann hätte der Krebs verhindert werden können. Dieses Versäumnis sei das einzige, was er bereue. Dadurch musste er sich einer Prostatektomie unterziehen, doch auch das kam für ihn zu spät. Die PSA-Werte stiegen weiter an und so musste er nach eineinhalb Jahren noch eine Strahlentherapie über sich ergehen lassen. 30 Mal wurde er bestrahlt. Ohne Ergebnis, der Krebs in Bosbachs Körper ist nicht tot zukriegen. Aber er will „ihm das Leben so schwer wie möglich machen“. Eine Zäsur in Bosbachs Leben und das Ende im Bundestag. Es bildeten sich sogar noch Metastasen in der Lunge, sodass ihm ein Stück entnommen werden musste. Besonders diese OP war für den „süßen Rheinländer“ kein Zuckerschlecken - auf Zucker verzichtet der 67-Jährige vollends. Tatsächlich zu kämpfen habe er aktuell aber lediglich mit einer fatigue chronique, einer chronischen Müdigkeit.

   

Doch er will nicht aufgeben und sein Leben so leben, wie er es will. Das ist eigentlich auch der Kerngedanke der in Deutschland noch jungen Palliativmedizin: nicht aufgeben für die, die gegen Krebs verloren haben. In der Palliativstation der Raphaelsklinik, so erklärt die Vorsitzende des Fördervereins Gaby Marbach den Interessierten, geht alles darum, den Erkrankten ein angenehmes Leben zu bieten. So wird beispielsweise an einem gespendeten Klavier gespielt oder die Zeit auf einem Hochsessel genossen.

 

Der Arzt Dr. Marc Theisen erklärt, dass er in der Palliativmedizin gelandet sei, weil man für tödlich Erkrankte, so wie Wolfang Bosbach, eben doch noch etwas tun könne. Man kann ihnen zum Beispiel die Symptome, wie starke Schmerzen, nehmen. Und, so erklärt die Fachkrankenschwester Simone Vogt, auch menschlich könne man ihnen ganz anders entgegen kommen, als in einem normalen Krankenhaus und dem berüchtigten Pflegenotstand. Am 15. Dezember um 14 Uhr ist deshalb für Interessierte eine Art Tag der offenen Tür angesetzt.     


Das Podium von rechts nach links: Pressesprecher Michael Bührke, Wolfgang Bosbach, Dr. Marc Theisen, Fachkrankenschwester Simone Vogt und Vorsitzende Gaby Marbach. 


Bosbach erklärt, dass diese Art der Pflege durch den demographischen Wandel immer wichtiger werden würde, da die Menschen bald über hundert Jahre alt werden. Er kennt aber auch den Haushalt und weiß, dass dieses Geld dann an anderen Stellen wieder fehlen würde. Hier wünscht sich besonders Theisen ein Umdenken, auch wenn Münster strukturell und gedanklich auf einem guten Weg sei. Vogt beschreibt die Station indes wie eine Insel.

 

Durch die Anekdoten eines bewegten Lebens gingen die eineinhalb Stunden schnell rum. Professionell geleitet hatte die Unterhaltung der Pressesprecher der Raphaelsklinik Michael Bührke. Bosbach kann zwar vieles, aber die Medizin ist nicht sein Fachgebiet, wie er selber zugibt. Er trat daher eher als „erfahrener Patient“ auf und gab dadurch vielen Betroffenen Kraft. Immerhin hat er noch rund 3000 Veranstaltungsanfragen und 400 Veranstaltungen pro Jahr. Wir wünschen ihm weiterhin viel Kraft!

     

Foto: Flo