Zum Inhalt springen
OZD.news - News und Nachrichten zum Nachschlagen

Streit um Abiturprüfungen trotz Pandemie

Unter Lehrkräften und in der Politik ist eine Debatte darüber entbrannt, ob die Abiturprüfungen trotz Pandemie in diesem Jahr stattfinden sollten

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte, das Abitur notfalls ausfallen zu lassen. Philologenverband und Lehrerverband sowie die Kultusministerkonferenz wandten sich dagegen.

"Sollte das Infektionsgeschehen so dramatisch ansteigen, wie die dritte Welle in anderen europäischen Nachbarstaaten befürchten lässt, müssen die Länder flexibel reagieren und von Prüfungen absehen", sagte GEW-Chefin Marlis Tepe den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Montagsausgaben). Dann könnten zum Beispiel die Leistungen aus dem Unterricht zur Grundlage der Notengebung gemacht werden, schlug Tepe vor.

Der Deutsche Lehrerverband wandte sich gegen diese Forderung. "Bereits im letzten Jahr für das letztjährige Abitur hatte die GEW diese Forderung erhoben, und es war im Nachhinein gesehen absolut richtig, dass die Bundesländer dieser Forderung damals nicht gefolgt sind", sagte der Chef des Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, der "Rheinischen Post" (Dienstagsausgabe). 

Gegen eine Ersetzung der Prüfungen durch bisherige Noten spreche, dass die Abiturprüfung in einem Bundesland schon abgeschlossen sei und in anderen Ländern liefe. Außerdem, so Meidinger, würde durch einen Ausfall die Vergleichbarkeit zwischen den Bundesländern und auch zu bisherigen Jahrgängen massiv erschwert. 

Die Vorsitzende des Deutschen Philologenverbands, Susanne Lin-Klitzing, äußerte sich ähnlich. "Die Schüler sollten die Chance auf ihre Abiturprüfungen bekommen, denn die Abschlussklassen haben im gesamten Pandemie-Jahr den meisten Unterricht von allen gehabt", sagte sie am Montag den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Die Politik müsse dafür sorgen, dass gute Infektionsschutzbedingungen herrschen, sagte Lin-Klitzing und forderte Schnelltests für alle an jedem Prüfungstag, Impfangebote für die Lehrkräfte und genügend Abstand. Dies bedeute auch, dass es an den Abiturprüfungstagen keinen kompletten Präsenzunterricht für die anderen Klassen geben könne.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) wandte sich ebenfalls gegen eine Absage von Abiturprüfungen. "Ich sehe dazu derzeit keinen Anlass", sagte er in Aachen. Auch im vergangenen Jahr hätten "die Abiturprüfungen gut funktioniert". Allerdings plädierte Laschet für eine Testpflicht an Schulen mit zwei Corona-Schnelltests pro Woche für alle.

Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD), versicherte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, dass Schülerinnen und Schülern keine Nachteile für ihre weitere Bildungsbiografie entstehen sollten. "Niemand sollte die Jugendlichen, die jetzt vor dem Abschluss stehen, zusätzlich zur normalen Prüfungsnervosität verunsichern", sagte Ernst. "Alle arbeiten mit Hochdruck an sicheren Bedingungen für die Durchführung der Prüfungen."

Der hessische Kultusminister Alexander Lorz sagte im RND-Podcast "Die Schulstunde", die KMK gehe davon aus, dass die Abiturprüfungen in diesem Jahr überall stattfänden. Lorz, der die Unions-Länder in der KMK koordiniert, sagte, eine Absage von Prüfungen wäre zum Nachteil der Schüler: "Sie würden den Jugendlichen fürs Leben einen Malus mitgeben."

smb/bk  © Agence France-Presse